Stockschützen – es waren einmal aufregende Zeiten
Die Stockschützenabteilung des TSV Waldtrudering war in den 80er Jahren eines der Aushängeschilder des Vereins. Die Abteilung bestand aus ca. 25 Damen und Herren, wobei die Damen die mit Abstand erfolgreicheren waren.
Die Damenmannschaft schoss über Jahre in der Bundesliga Süd, der höchsten Spielklasse die es damals in dieser Sportart gab. Auf nationaler Ebene bewiesen unsere Damen ihre Klasse und belegten unter den 25 besten deutschen Mannschaften den hervorragenden 2. Platz. Der Höhepunkt war dann am 12.03.1983 der Titel des Europameisters in Chur in der Schweiz. Das ist der höchste Titel, den eine Vereinsmannschaft erreichen kann, denn bei der Weltmeisterschaft, welche dann in Frankfurt stattfand, wurde Deutschland durch eine Nationalmannschaft vertreten. Am letzten und entscheidenden Vorbereitungslehrgang zu dieser war unsere komplette erste Damenmannschaft eingeladen. Die beiden Schützinnen Helga Wellisch und Franziska Aigner wurden in die Nationalmannschaft berufen. Die deutsche Mannschaft belegte den ersten Platz und war somit Goldmedaillengewinner und Weltmeister. Der TSV Waldtrudering hatte zwei Weltmeisterinnen in ihren Reihen, ein riesiger Erfolg.
Das waren noch Zeiten. Damals wurde auch noch viel auf Eis geschossen. So hatten wir damals im Winter zwei Bahnen im Ostpark fürs Training angemietet. Heute ist es aus finanziellen Gründen nur noch wenigen Vereinen möglich auf Eis zu trainieren. Auch die Turniere im Winter in den Eishallen sind immer weniger geworden, weil diese Turniere sehr früh beginnen, um die Hallen ab Mittag für Schlittschuhläufer und Eishockeyspieler frei zu machen. Wer steht schon gerne mitten in der Nacht auf und fährt bei winterlichen Verhältnissen zu diesen Turnieren?
In den 90ern hat dann wie in vielen anderen Sportarten auch bei den Stockschützen der Wechselwahn Einzug gehalten. Zwei unserer besten Schützen haben den Verein verlassen und sich dem EC Perlach angeschlossen. Von da an ging es bergab. Auch die Damen konnten ihre Klasse nicht halten. Da es keinen jungen Nachwuchs gab schlossen sich ein paar ehemalige Fußballer der Abteilung an. Diese haben aber den Sport nicht von der Pike auf gelernt und das Niveau wurde natürlich nicht besser. Die ehemals so erfolgreiche Damenmannschaft wurde aufgelöst, weil es keinen Nachwuchs gab. Die Abteilung ist dann mehr oder weniger in der Versenkung verschwunden und erst als Ernst Wellisch wieder zum Verein zurück kehrte wurde es wieder besser.
Auch im Sommer ist es für kleine Vereine nicht mehr einfach. Um Turniere abhalten zu können, bräuchte man mehrere Bahnen, die dann die Fläche eines Mehrfamilienhauses hätten. Das ist in München und Umgebung unbezahlbar. Darum gibt es die Stockschützen mittlerweile hauptsächlich in ländlichen Gegenden oder in Großvereinen die eine eigene Halle ihr Eigen nennen. Darum kann es schon passieren dass die Gegner bei einem Turnier Unterhaching 3, 4 und 6 heißen
Aktuell sieht es bei den Stockschützen nicht mehr rosig aus. Die Mannschaft besteht nur noch aus älteren Herren mit vielen Wehwehchen. Aus diesem Grunde haben wir die Mannschaft beim Verband abgemeldet und schießen nur noch wenige Privatturniere. Da die Abteilung aus lauter sehr langjährigen Mitgliedern besteht, wollen wir diese auch weiterhin am Leben erhalten. Ich sehe leider keine Hoffnung, dass in naher Zukunft wieder etwas Größeres entstehen könnte.
Hermann Luger